Husarenquartier

Dezember 2013

Meinen diesjährigen runden Geburtstag wollte ich gerne besonders feiern. Das darf dann auch mal etwas kosten.

Herbert Brockel hatte im letzten und diesem Jahr für eine begrenzte Zeit mit seinem Geschäftspartner zusätzlich zu seinem sternegekrönten Husarenquartier und sonstigen Projekten eine Currywurstbude in Sülz aufgemacht.

Die Mission Currywurst ist leider gescheitert. Trotzdem hatte ich im Hinterkopf, dass ich unbedingt mal bei ihm im Husarenquartier vorbeischauen möchte.

Gesagt getan...

Der Weg nach Erftstadt-Lechenich ist eigentlich nur per Auto von Köln aus möglich und auch so waren wir recht lange unterwegs, obwohl wir aus Sülz angereist sind, dem Stadtteil von Köln, der dem Erftkreis rein entfernungstechnisch doch recht naheliegt. 

Ambiente

Uns empfängt an diesem Abend ein nettes, alt-ehrwürdiges Haus mitten im kleinen Örtchen Lechenich, welches von außen angenehm beleuchtet ist. Tritt man ein, findet man sich unmittelbar in einem recht modern gehaltenen Interieur in Rot-, Beige- und Schwarztönen wieder. Der Blick nach oben in die Ecken der Zimmerdecken offenbart wappenartige, rote Schnörkel, die offensichtlich nach der Renovierung als Verzierung oder Hommage an das alte Haus dort aufgemalt wurden. Auf dem Weg zur Toilette kommt man vom Gastraum aus an der Küche vorbei und steht zunächst etwas ratlos vor dem großen Selbstportrait von Herbert Brockel - diese Tatsache vermag einiges über unseren Gastgeber auszusagen, wie ich finde... aber dazu später mehr - um dann die richtige Tür zum stillen Örtchen zu finden. Die übrigen Gäste an diesem Abend sind vornehmlich gutsituierte Menschen, von denen einige aus der unmittelbaren Umgebung zu kommen scheinen und teilweise der Gastgeberin Frau Brockel und ihrem Mann augenscheinlich keine Unbekannten sind.

Küche

Das Husarenquartier ist u.a. mit einem Michelinstern und 17 Punkten im Gault Millau gekrönt und Herr Brockel bezeichnet seine Küche als seine Interpretation von neuer deutscher Küche, die die große Tradition der Haut Cuisine mit regionalen Akzenten aus dem Rheintal verbindet. 

Wir testeten zur Feier des Tages nahezu alles, was seine Küche an diesem Abend zu bieten hatte, indem wir die zwei zur Auswahl stehenden Menüs komplett bestellten. Wer uns kennt, weiß inzwischen, dass wir auch zur individuellen Weinbegleitung zu jedem Gang gerne ja sagen... Diesesmal haben wir nur einmal dazu ja gesagt, weil ja einer von uns beiden leider Auto fahren mußte. Aber ein Gläschen Wein war dann doch auch für ihn drin ;-)...

Das Menü Klassik beinhaltete folgende 6 Gänge (für 109,- € komplett): 

Hummercocktail mit Ananas im Glas serviert mit kleinem Hummerstrudel

Zweierlei von der Topinambur als Cremesuppe und konfiert

Seezunge auf Safranrisotto und Weissweinvelouté

Entenbrust auf der haut kross gebraten mit Portwein, Apfelrotkohl und kleinen Kartoffelklößen

Eifeler Hirschfilet an Pfefferjus mit Wirsing und Kartoffelplätzchen

Gefüllte Dattel mit Mandeleis und Nougat (mit Pistazienganache gefüllt)

... und das Menü Modern (für 129,- € komplett) bestand aus diesen 7 einzelnen Gängen:

Eifeler Schweinebauch im Sous Vide, Kerbelwurzel/Espuma/gepoppte Haut

Essenz von der Gans (mit gelierter Essenz und klarer Brühe), Raviolo (mit Gänseklein)

Jacobsmuschel, Chicorée / Orange

Welsfilet, Muschelsud / Paprika / Aioli 

Sorbet / Zitrusfrüchte - Essig / Campari (Mandarinensorbet)

Kalbsfilet / Tartar / Pilze / Süsskartoffel / Rosenkohlblätter

Birne / Muscovadokaramelleis / Canache

Nach den Amuse Bouches und Brot mit Butter, Dipp und Wasabinüsse wurden dann also die einzelnen Gänge aufgetragen.

Sie waren wie erwartet wunderschön angerichtet, aber bei den meisten Gängen hat uns irgendwie das gewisse Etwas bzw. der letzte Pepp gefehlt.

Die gepoppte Haut beim Schweinebauch-Gang war ein witziges Gimmick, was leider nach nichts schmeckte. Die Seezunge war gewürztechnisch eher lasch und langweilig begleitet. Die Entenbrust handwerklich gut gemacht aber einfallslos. Beim Kalbsfilet fehlte das angekündigte Tartar komplett (es wurde einfach nicht sorgfältig genug gearbeitet). Die Meeresmandeln (kleines Anekdötchen am Rande: wir mußten nachfragen, was das denn nun genau ist und die Dame im Service mußte erst selbst bei der Küche nachfragen, um uns dann zu verraten, dass es sich um Meeresmandeln handelt; wir haben das natürlich gegoogelt und die sind anscheinend gar nicht so einfach zuzubereiten...), die sich im Muschelsud des Welsfilets befanden, waren nicht gut gemacht. Sie waren zäh und haben somit rein gar nichts für dieses Gericht getan. Wir gewannen ein wenig den Eindruck, als ob hier krampfhaft überlegt wurde, welche außergewöhnliche Zutat, von der noch nie jemand etwas gehört hat, man denn nun jetzt noch verwenden könnte... Warum macht man denn sowas, wenn man nicht weiß, wie es zubereitet wird, damit es auch einigermaßen genießbar ist...???

Von der so hochgehobenen Regionalität der Küche war nicht allzu viel zu spüren. Einige Produkte stammten halt aus der Region, andere wiederum sind hier nunmal eben nicht zu finden... Wie Hummer, Ananas, Seezunge, Jacobsmuschel, Meeresmandel, Datteln,...... Naja, wir wollen mal nicht spitzfindig werden ;-)....

Kurzum wir waren vom Essen eher enttäuscht. Aber der Wein war gut ausgesucht.

Service

Der Service durch die Hausherrin und die weiblichen Servicemitarbeiterinnen war freundlich, kompetent und professionell, wie es in einem solchen Hause eigentlich zu erwarten ist. Eine Servicemitarbeiterin meinte es ein bißchen zu gut und sprudelte fast über vor Servier- und Erzählfreude. Der Hausherr und Küchenmeister selbst kam nach dem Schicken der letzten Gänge selbst in den Gastraum und machte die Tischrunde. An unserem Tisch verweilte er nur kurz, um zu fragen, ob alles geschmeckt habe (er war ganz offensichtlich auf ein Lob in höchsten Tönen aus, was bei uns jedoch für unsere Verhältnisse eher gemäßigt ausfiel) und hinterließ bei uns einen eher undurchschaubaren Eindruck von Gockelhaftigkeit (so wie er sich anderen Gästen gegenüber präsentierte, so wie wir vernommen haben, stehen anscheinend diverse neue Projekte in 2014 an...) auf der einen Seite und einer fast linkisch anmutenden Unsicherheit an unserem Tisch.

Preis-Leistung

Wir haben bereits in einigen sternegekrönten Restaurants gespeist und sind nach wie vor der Meinung, dass sich diese Art von Lokalität für uns nur wirklich lohnt und uns erst dann zu einem Wiederkehrgedanken animiert, wenn wir aus voller Überzeugung sagen können, dass sich diese nicht unerhebliche Geldausgabe aber mal so richtig gelohnt hat. Weil wir etwas wirklich Neues erfahren haben, weil es ein Erlebnis war, weil wir zufrieden gesättigt und angetrunken nach Hause wanken konnten und dieser Abend uns noch lange im Gedächtnis bleibt, wenn uns andere dazu befragen, wo man hier in Köln und Umgebung denn mal so richtig gut und auch gerne mal etwas teurer dinieren könne. Das alles trifft auf das Husarenquartier für uns leider nicht zu. Wir finden, das muss für um die 330,- € einfach drin sein, um noch einmal wiederkehren zu wollen... Und wir hatten noch nicht einmal beide die komplette Weinbegleitung... ;-)

Unser Fazit

Von diesem Abend war ich leider enttäuscht. Vielleicht auch, weil ich sehr hohe Erwartungen an das hatte, was wir hier mutmaßlich erleben würden und diese wurden einfach nicht voll erfüllt. Das Essen war in unseren Augen und Mägen einfach nichts so Außergewöhnliches, als dass sich eine solch hohe Geldausgabe rechtfertigen würde. Hier sieht man wieder einmal mehr, dass irgendwann das Verhältnis zwischen Preis und Leistung  - und das vor allem in der sogenannten Spitzengastronomie! - so dermaßen stark kippt, dass man geneigt ist, dort nicht mehr zu verkehren. Es war sicherlich handwerklich alles gut zubereitet (mit einigen Schwächen hier und dort) und hat auch geschmeckt, aber mehr auch nicht. Für uns lohnt sich die weite Anreise zum Husarenquartier daher nicht. Aber andere Leute mögen da anderer Ansicht sein... 

 

Schlossstraße 10

50374 Erftstadt Lechenich

Telefon (02235) 5096

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Homepage: http://www.husarenquartier.de/

Öffnungszeiten: Mi - So mittags ab 12 Uhr, abends ab 18.30 Uhr, Küche: 12 - 14 Uhr und 19 - 22 Uhr

Mo, Di geschlossen (auf Anfrage für geschlossene Gesellschaften auch an den Ruhetagen geöffnet)

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